Ich habe mich in Helene beim Würzen verliebt. Wir waren bei Robert und Agnes zum Essen eingeladen. Ich, Erstsemester an der Verwaltungsfachhochschule, stand mit einem billigen Rioja und einer Packung Erdnuss-Flips in der Tür, Helene war schon da. Rotes Gesicht, rote Haare, Rollkragenpullover.

Plötzlich stürmte Agnes aus dem Haus. Sie sollte die Hühner ihrer Tante füttern und hatte vergessen, die Stalltür zuzumachen. Der Fuchs. Wir blieben mit einem halbgekochten Curry zurück; Robert, Helene und ich.

Auffordernder Blick von Helene. „Wollen wir jetzt fertigkochen?“

Ich: „Wo ist denn das Rezept?“

Sie lachte zum ersten Mal an diesem Abend. Laut und lebendig. Robert schien die Küche noch nie betreten zu haben. Helene und ich durchsuchten die Schränke auf der Suche nach… ja, nach was eigentlich? Egal, Helene wusste, wonach. Dieser lächerliche Moment, als wir realisierten, dass alle Gewürze in identischen Gläsern gelagert waren! Unbeschriftet. Womöglich selbst getrocknet. Gefährlich.

Regal mit Gläsern

Ich tat – nichts. Oder doch: Ich überlegte, was zu tun sei. Diese fremde chaotische Küche war Meilenweit entfernt von meiner Komfortzone. Aber Helene, oh, Helene! Plötzlich energiegeladen öffnete sie Glas um Glas, schnupperte, probierte und würzte. Probierte wieder. Riss Schubladen auf, holte noch mehr Zutaten. Ließ alle Gläser offen auf der Arbeitsplatte stehen; das total Chaos! Das Danach war ihr egal. Sie würzte nach, rührte, schnupperte. Versunken und sprühend, wie auf einer Bühne, aber ohne es zu bemerken. Helene beherrschte Raum und Zeit.

Dass ein Mensch im Angesicht unbekannter Faktoren so mutig, nein: so angstfrei sein konnte, wie sie es war! Ich wollte die Zeit anhalten, um mit ihr im Scheinwerferlicht zu tanzen.

Da wusste ich, dass ich mich in sie verliebt hatte.


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